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Eine „Deutsche Rohstoff AG“?

Eine „Deutsche Rohstoff AG“?

Warum wir jetzt Rohstoffe raffen müssen.

Nach Jahren der Schönwetterpolitik merkt die deutsche Wirtschaft: Wir brauchen Stahl, Kupfer und natürlich die berühmten „Seltenen Erden“ Chinas. Hilft eine „Deutsche Rohstoff AG“ – oder ist es schon zu spät?

ThyssenKrupp-Chef Eckehard Schulz spricht offen aus, was viele kaum zu denken wagen: Die Wirtschaft braucht eine „Deutsche Rohstoff AG“ – Firmen, die gemeinsam Stahl & Co. einkaufen, fördern und erschließen. Denn die heimische Industrie hat größte Schwierigkeiten, sich die erforderlichen Rohstoffe in ausreichender Menge und zu vertretbaren Preisen zu beschaffen. Die Not der Wirtschaft ist groß:
- Die drei größten Erz-Lieferanten der Welt haben in nur drei Monaten die Preise um 90 Prozent erhöht. Und sich damit durchgesetzt, auch künftig alle 90 Tage über die aktuellen Preise zu verhandeln – statt wie bisher einmal pro Jahr.
- Der größte Rohstoff-Fresser China tut alles, um seine eigene Versorgung zu sichern. Die Chinesen horten insbesondere die für High-Tech-Produkte nötigen „Seltenen Erden“. Und erschweren die Ausfuhr nach Japan, USA und Europa. Jetzt sogar mit einem neuen Argument: Man kontrolliere die exportierenden Firmen stärker, ob sie auch gewisse „Umweltstandards einhalten“. Auf einmal? Umweltstandards? Ausgerechnet China? Wir würden es uns zwar wünschen, glauben es aber noch nicht so recht.
- Wie kompromisslos erfolgsorientiert die Chinesen vorgehen, zeigt ein anderes Beispiel: China hat inzwischen halb Afrika aufgekauft – vor allem die Erz-Vorkommen der von semi-kriminellen Regimes beherrschten Länder des verlorenen Kontinents. Und hier hat noch nie irgendjemand das Wort „Umweltschutz“ in den Mund genommen.

Höhere Preise treffen alle.

Steigen aber die Notierungen für Stahl, Aluminium, Kupfer & Co., spürt das nicht nur die Industrie. Sondern wir alle – denn alles wird potenziell teurer: von der Rasierklinge bis zum Auto. Auch deshalb machen sich immer mehr deutsche Manager für einen Tabubruch stark. Eben für eine – kartellrechtlich nicht unproblematische – gemeinsame Rohstoff AG. ThyssenKrupp-Chef Schulz: „Warum sollen wir Afrika den Chinesen überlassen?“

So weit, so verständlich. Gefährlich wird es erst, wenn sich neben anderen deutschen Unternehmen auch der Staat an der geplanten Rohstoff AG beteiligt. Genau das wünschen sich – mehr oder weniger offen – jedoch einige Konzernchefs.

Vorbild China über alles?
Vorsicht! Das Erfolgsmodell China – Wirtschaft und Politik in einem Boot – mag ja manch einen westlichen Unternehmenslenker faszinieren. Aber derlei Gedankenspiele gehen selbst der deutschen Politik zu weit. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) stellte klar, dass der Staat bestenfalls mit Kreditbürgschaften helfen werde: „Eine VEB Rohstoffe passt nicht in unsere Wirtschaftsordnung.“
Eben. Wir brauchen keinen Großen Bruder China. Uns reicht ein Brüderle.

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Dienstag, 16. November 2010